Russlands Wirtschaft: Zwischen Kriegsausgaben und Rezessionsrisiko
Ökonomen zufolge könnte der Krieg in der Ukraine das Einzige sein, was Russlands Wirtschaft derzeit vor dem Absturz bewahrt. Das massive Militärbudget des Landes stützt zwar die Konjunktur, doch Moskau steht vor großen Herausforderungen wie steigender Inflation und Währungsproblemen.Russlands Wirtschaft am Scheideweg: Zwischen Kriegsfinanzierung und Rezessionsrisiko
Russlands Wirtschaft auf Messers Schneide
Russland befindet sich in einer prekären wirtschaftlichen Lage. Laut Ökonomen wäre das Land bereits in einer Rezession, würde es nicht das enorme Kriegsbudget zur Finanzierung des Konflikts in der Ukraine aufwenden. Diese Militärausgaben stützen zwar die Konjunktur, doch Moskau steht vor großen Problemen wie einer rasant steigenden Inflation und wachsenden Währungsschwierigkeiten.Der Ökonom Jay Zagorsky von der Boston University sieht den Krieg in der Ukraine als einzigen Faktor, der Russlands Wirtschaft derzeit vor dem Absturz bewahrt. "Ohne den Krieg wäre es meiner Meinung nach zu einer sofortigen Rezession gekommen", erklärt er gegenüber Business Insider US. Das massive Militärbudget des Landes, das für den Kauf von Uniformen, Stiefeln, Munition und Lebensmitteln verwendet wird, verhindere vorerst einen wirtschaftlichen Abschwung.Doch diese Lösung ist nur vorübergehend. "Mit dem Geld der Regierung können sie die Wirtschaft am Laufen halten, aber irgendwann wird das Geld ausgehen, und dann werden sie eine Rezession erleben", warnt der Ökonom Yuriy Gorodnichenko von der University of California-Berkeley. Berichten zufolge plant Russland für das nächste Jahr ein Rekordbudget von 13,2 Billionen Rubel (rund 126,72 Milliarden Euro) für Verteidigung. Eine solche immense Ausgabenpolitik sei jedoch nicht auf Dauer aufrechtzuerhalten.Inflationsrisiko und Währungsprobleme belasten Russlands Wirtschaft
Neben den hohen Kriegskosten plagen Russland weitere wirtschaftliche Probleme. Eines der größten sei die Inflation, so Zagorsky. Laut offiziellen Statistiken stiegen die Verbraucherpreise im August um 9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zagorsky vermutet jedoch, dass die tatsächliche Inflationsrate deutlich höher sein könnte, da die russische Zentralbank im September die Leitzinsen auf 19 Prozent - den höchsten Wert seit Beginn des Ukraine-Krieges - anhob."Das deutet für mich darauf hin, dass die Inflation tatsächlich viel höher sein könnte und dass die offiziellen Zahlen möglicherweise zu niedrig angesetzt sind", erklärt Zagorsky. Er verweist auf die Praxis der Sowjetunion, während des Kalten Krieges die Inflationszahlen zu unterschätzen.Auch Währungsprobleme belasten Russlands Wirtschaft. Aufgrund westlicher Sanktionen hat Moskau den Zugang zum US-Dollar verloren, was den Handel, insbesondere im wichtigen Öl- und Rohstoffsektor, beeinträchtigt. Russland hat sich zwar alternativen Währungen wie dem chinesischen Yuan zugewandt, doch auch der Renminbi ist knapp geworden, da chinesische Unternehmen zunehmend zögern, Geschäfte mit Russland zu machen - aus Angst vor sekundären Sanktionen der USA und anderer westlicher Staaten."Russland verkauft weniger an China oder erhält weniger für die physischen Mengen, die sie nach China liefern. All das sind Faktoren, die zu den wirtschaftlichen Problemen Russlands beitragen", erläutert Gorodnichenko.Rückgang der Öleinnahmen und steigende Militärausgaben belasten Russlands Haushalt
Neben den Inflations- und Währungsproblemen belastet Russland auch der Rückgang der Öleinnahmen bei gleichzeitig steigenden Militärausgaben. "Russland steht nicht nur vor einer sinkenden Nachfrage nach seinen Produkten, sondern auch vor einem dramatischen Preisverfall. Das ist ein doppelter Schlag", erklärt Zagorsky.Laut Gorodnichenko beobachte er genau, ob Russland die Prämien für rekrutierte Soldaten weiter erhöhen wird. Eine solche Maßnahme wäre ein Indikator dafür, dass dem Land die Arbeitskräfte ausgehen und seine Wirtschaft überhitzt ist."Irgendwann werden sie kritische Entscheidungen treffen müssen – sehr unpopuläre Entscheidungen", meint Gorodnichenko. Wann genau eine Rezession in Russland eintreten könnte, lässt sich schwer vorhersagen. Dies hängt letztlich davon ab, wie lange der Krieg in der Ukraine andauert und die hohen Militärausgaben andauern.Fest steht jedoch, dass Russlands Wirtschaft vor großen Herausforderungen steht. Die Finanzierung des Krieges in der Ukraine mag die Konjunktur kurzfristig stützen, doch langfristig drohen Moskau schwerwiegende wirtschaftliche Probleme, die das Land in eine tiefe Rezession stürzen könnten.