Elektroautos als Schlüssel zur Energiewende: Wie bidirektionales Laden die Zukunft der Stromversorgung prägt

Nov 6, 2024 at 6:01 PM
Der Ausbau erneuerbarer Energien ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Klimaneutralität, doch die Herausforderung liegt in der Speicherung und Verteilung des Stroms. Elektroautos könnten hier eine Schlüsselrolle spielen, indem sie als mobile Stromspeicher fungieren und so die Energiewende vorantreiben. Allerdings müssen dafür noch technische und regulatorische Hürden überwunden werden.

Bidirektionales Laden: Die Zukunft der Energiespeicherung

Bidirektionales Laden, also die Möglichkeit, Strom nicht nur in das Elektroauto, sondern auch aus dem Fahrzeug heraus ins Stromnetz einzuspeisen, ist ein vielversprechender Ansatz, um die Herausforderungen der Energiewende zu meistern. Dabei lassen sich zwei Hauptformen unterscheiden: Vehicle-to-Home (V2H) und Vehicle-to-Grid (V2G).V2H ermöglicht es, das Elektroauto als Heimspeicher zu nutzen, um selbst erzeugten Solarstrom für Zeiten mit geringer Sonneneinstrahlung zu speichern. Laut Berechnungen des Unternehmens RiDERgy können Haushalte mit Solaranlage, Speicher und Elektroauto so bis zu 80% ihres Strombedarfs mit Eigenenergie decken.V2G hingegen zielt darauf ab, die Batterien der Elektroautos als Puffer für das gesamte Stromnetz zu verwenden. Überschüssiger Strom aus Wind- und Solarenergie kann tagsüber in den Fahrzeugbatterien zwischengespeichert und dann bei Bedarf wieder ins Netz eingespeist werden. Laut Studien der Fraunhofer-Institute könnte dies die Kosten des Energiesystems in der EU um bis zu 22 Milliarden Euro pro Jahr senken.

Technische Herausforderungen: Nicht alle Autos sind bidirektional ladebar

Doch die Umsetzung von bidirektionalem Laden ist nicht ohne Hürden. Nicht alle Elektroautos sind technisch in der Lage, Strom wieder ins Netz einzuspeisen. Auch nicht alle Ladestationen sind für das bidirektionale Laden ausgerüstet. Zudem sind die Systeme oft nicht kompatibel, sodass beispielsweise ein BMW-Fahrzeug nur mit einer BMW-Wallbox bidirektional geladen werden kann."Das Problem ist aktuell technisch. Wo sollte der Strom von Gleichstrom auf Wechselstrom umgewandelt werden? Im Auto oder in der Wallbox? Gerade wird in der Branche entschieden, welches Modell sich als Norm durchsetzen wird. Es gibt aber noch keinen klaren Gewinner", erklärt Claudio Geyken vom Softwareunternehmen RiDERgy.

Regulatorische Hürden: Fehlende Rahmenbedingungen bremsen den Fortschritt

Neben den technischen Herausforderungen gibt es auch regulatorische Hürden, die den Durchbruch von bidirektionalem Laden bislang verhindern. Laut Geyken müsste der Staat hier Anreize schaffen, um das Geschäftsmodell für Autohalter attraktiv zu machen. Aktuell würden sowohl beim Laden als auch beim Einspeisen des Stroms Netzentgelte anfallen, was den wirtschaftlichen Vorteil zunichtemacht.Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat jedoch angekündigt, dass bidirektionale Fahrzeuge und Dienstleistungen ab 2025 kommerziell verfügbar sein sollen. Auch im Koalitionsvertrag haben SPD, Grüne und FDP eine Lösung für bidirektionales Laden in Aussicht gestellt. Allerdings ist angesichts der aktuellen Spannungen in der Ampel-Koalition fraglich, ob diese Pläne tatsächlich umgesetzt werden können.

Blick über den Tellerrand: Großbritannien zeigt, wie es gehen kann

Während in Deutschland die Umsetzung von bidirektionalem Laden noch auf sich warten lässt, gibt es bereits Vorreiter in anderen Ländern. So hat der britische Energieanbieter Octopus Energy in diesem Jahr als erster Stromanbieter weltweit einen bidirektionalen Stromtarif auf den Markt gebracht. Kunden, die an diesem Tarif teilnehmen, können laut Octopus Energy Einsparungen von bis zu 850 Pfund (rund 1.000 Euro) pro Jahr erzielen.Allerdings ist die Zahl der Elektroautos, die derzeit V2G nutzen können, noch sehr begrenzt. Laut Octopus Energy gehören dazu der Nissan Leaf, der Nissan e-NV200 und der Mitsubishi Outlander PHEV. Dennoch zeigt das Beispiel, dass bidirektionales Laden durchaus praxistauglich ist und erhebliche Vorteile für Verbraucher und Netzbetreiber bieten kann.

Fazit: Elektroautos als Schlüssel zur Energiewende

Bidirektionales Laden von Elektroautos hat enormes Potenzial, um die Energiewende voranzubringen und die Kosten des Energiesystems zu senken. Durch die Nutzung der Fahrzeugbatterien als mobile Stromspeicher können Überschüsse aus erneuerbaren Energien effizient zwischengespeichert und bei Bedarf wieder ins Netz eingespeist werden.Allerdings müssen dafür noch technische und regulatorische Hürden überwunden werden. Nicht alle Elektroautos und Ladestationen sind derzeit für das bidirektionale Laden ausgerüstet, und es fehlen klare gesetzliche Rahmenbedingungen, um das Geschäftsmodell für Autohalter attraktiv zu machen.Wenn es gelingt, diese Herausforderungen zu meistern, könnte bidirektionales Laden zu einer Schlüsseltechnologie für die Energiewende werden. Davon würden nicht nur Verbraucher, sondern auch Netzbetreiber und die Umwelt profitieren. Denn mit Elektroautos als mobilen Stromspeichern lässt sich die Versorgungssicherheit erhöhen und gleichzeitig der Ausbau erneuerbarer Energien vorantreiben.