Wenn Volkswagen ankündigt, das Unternehmen denke zum ersten Mal in der Geschichte über Werksschließungen nach, ist das ein Warnsignal für die deutsche Wirtschaft. Obwohl die VW AG mit den Zahlen gar nicht so schlecht steht, gehört die Marke Volkswagen zu den Trägern des wirtschaftlichen Erfolges im Konzern. Stimmen wurden laut, das E-Auto sei an der Misere der Marke Schuld. Tatsächlich stimmt das nicht. In den ersten beiden Quartalen letzten Jahres verkaufte Volkswagen 164.800 E-Autos. Dieses Jahr waren es 168.500 elektrische Fahrzeuge, sogar ein leichter Anstieg. Die VW AG hat aber statt 321.700 nur 317.200 Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb ausgeliefert. Das Problem liegt nicht nur in den Verkaufszahlen, sondern auch in der erwarteten Steigerung.
Die Probleme bei der Marke VW sind nicht neu. Im letzten Jahr, als der Verkauf von E-Autos besser lief, kündigte das Unternehmen einen starken Sparkurs an, weil die Kosten aus dem Ruder laufen würden. Im Dezember 2023 sagte Markenchef Thomas Schäfer, dass man bis 2026 rund 10 Milliarden Euro einsparen wollte, um die Umsatzrendite zu steigern. Betroffen waren die Verwaltung und der Entwicklung.
Viele hielten das E-Auto für den Hauptschuldiger. Jedoch zeigen die Fakten, dass dies nicht der Fall ist. In den ersten zwei Quartalen verzeichnete Volkswagen eine Zunahme in den E-Auto-Verkäufen. Aber die erwartete Steigerung der Abverkäufe wurde nicht erreicht. Die neue Ladeinfrastruktur kommt zu langsam, und Tesla hat ein Problem. Das zeigt, dass es mehr ist als nur das E-Auto.
Die Marke Volkswagen muss sich an die Veränderungen im Markt anpassen. Die Kunden wollen vor allem digitale Angebote und eine gute Software. Zwei Bereiche, in denen die Marke Volkswagen seit Jahren Probleme hat. Das Management muss diese Veränderungen beachten und passende Maßnahmen ergreifen.
Das Unternehmen benötigt zu lange, um neue Produkte auf den Markt zu bringen. Knapp fünf Jahre braucht es, ein neues Auto auf den Markt zu bringen, was in der Branche atemberaubend lang ist. Die Kosten in der Produktion sind zu hoch, und das hängt mit den guten Löhnen zusammen. Aber vor allem die Verwaltungskosten belasten das Unternehmen. Die innerbetriebliche Bürokratie hat nach eigenem Bekunden groteske Züge angenommen.
Nach dem Diesel-Skandal aus dem Jahr 2015 hatte Volkswagen die Chance, den Konzern neu aufzustellen. Sowohl in der Produktion als auch im Management. Das ist jedoch nicht gelungen, und die verkrusteten Strukturen bleiben erhalten.
Die Marke Volkswagen steht vor enormen Herausforderungen in den nächsten Jahren. In China steigt das Wachstum im E-Auto-Sektor langsam, und die Käufer setzen lieber auf einheimische Marken. Volkswagen macht hier bis 40 Prozent des Gesamtumsatzes und ist daher besonders anfällig. Langere Entwicklungszeiten und eine starre Bürokratie drücken die Produktionskosten nach oben. Das sind Aufgaben, die das Management zu verantworten hat.
Don Dahlmann ist seit über 25 Jahren Journalist und seit über zehn Jahren in der Automobilbranche unterwegs. Jeden Montag lesen Sie seine Kolumne „Drehmoment“, die einen kritischen Blick auf die Mobility-Branche wirft.