Der große Radau bei VW ist ein spektakuläres Ereignis. Tausende von Mitarbeitern haben sich vor der Bühne des Konzerns zusammengestellt, um ihre Forderungen zu bekunden. Die Proteste richten sich gegen den Vorstand und die Managemententscheidungen, die die Angestellten für ihre Arbeitsplätze sorgen.
Die Macht der VW-Mitarbeiter in Protest
Der Protest am Mittellandkanal
Mit Trillerpfeifen, Trommeln und Rasseln machen sich die VW-Mitarbeiter vor der Bühne bemerkbar. Offensichtlich wollen sie ihrer Betriebsratschefin, Daniela Cavallo, den Rücken stärken. Es ist der lauteste Protest an diesem Vormittag auf dem Gelände des VW-Stammwerks. Die Menge richtet ihren Krach gegen den Vorstand, dessen Büros im obersten Stockwerk des Markenhochhauses liegen.In der unmittelbaren Umgebung können die Mitarbeiter in dunklen Jacken, mit IG-Metall-Mützen und roten Schals oder in der dezenteren Variante in Schwarz mit weißem IG-Metall-Logo gesehen werden. Einige tragen dünne rote Plastik-Westen mit „Warnstreik“ in großen weißen Lettern.Die Verhandlungstage um den Haustarifvertrag
Der vierte Verhandlungstag um den Haustarifvertrag bei VW ist im Gange. Cavallo und die IG Metall haben die Mitarbeiter zu Warnstreiks aufgerufen, und jede Schicht macht vier Stunden früher Schluss. „Bundesweit – streikbereit“ skandieren die Werker immer wieder in Richtung Hochhaus.Auf der aufgeweichten Wiese links von der Bühne tragen die Mehrheit Jeans, dazwischen viele die graue VW-Arbeitshose und die schwarzen Sicherheitsschuhe. Im „direkten Bereich“ – am Band – arbeiten inzwischen weniger Leute als in den Büros.Die Forderungen der IG-Metall-Chefin
Christiane Benner, die Vorsitzende der IG Metall, verwendet den Auftritt zur Heizung der VW-Arbeitern. Sie zählt die Probleme der Autoindustrie auf, wie den Einbruch des chinesischen Markts und die Vorteile chinesischer Autohersteller. Sie fordert vom Vorstand einen Gehaltsverzicht von zehn Prozent und „endlich wieder einen Volkswagen. Ein Auto, das sich normale Menschen leisten können.“Die IG-Metall-Chefin nutzt auch den Auftritt für scharfe Vorwürfe an die Politik. Die Schuldenbremse müsse weg, fordert sie, und Deutschland müsse Industriepolitik machen.Die Angst der Mitarbeiter
Katrin Mehr, seit 28 Jahren bei VW, steht nach der Kundgebung vor der Volkswagenarena und sagt, dass ihr Bereich selbst betroffen sei und die Stimmung unter den Kollegen grottenschlecht sei. Viele haben Angst um ihren Job.Axel Wiedemann, seit 2003 im Vertriebsbereich von VW, sagt, dass der Vorstand die Vertrauen der Mitarbeiter massiv enttäuscht habe und dass es große Verunsicherung in der Belegschaft gebe.Die Hoffnung auf eine Einigung
Officiel geht es in den Gesprächen im Fußballstadion nur um die Gehälter, aber es spielt alles mit hinein. Die Arbeitnehmer fordern vom Unternehmen ein Entgegenkommen, und das Unternehmen umgekehrt auch. Beide Seiten hoffen noch auf eine Einigung vor Weihnachten.Falls nicht, „folgt auf das Silvesterfeuerwerk eine Eskalation, die dieses Unternehmen noch nicht erlebt hat“, ruft Thorsten Gröger, der Verhandlungsführer der IG Metall, die Mitarbeitern zu.Gröger ist der letzte Redner auf der Kundgebung im nasskalten Wolfsburg. Viele Mitarbeiter gehen schon in Richtung der Werkstore, aber die Verbliebenen machen ordentlich Krach. Ab Januar drohen massive Streiks.