Bei VW hat die vierte Tarifrunde mit Warnstreiks und lautstem Protest begonnen. Die Beschäftigten legten zeitweise die Arbeit nieder und zehntausende kamen zur zentralen Protestkundgebung. Die Tarifgespräche begannen mit deutlicher Verspätung am Nachmittag in der Volkswagen Arena und könnten bis spät Abend dauern. VW fordert von den Mitarbeitern eine Lohnkürzung von zehn Prozent und steht vor der Möglichkeit von Werkschließungen und betriebsbedingten Kündigungen. Die IG Metall fordert den Erhalt aller Standorte und eine Beschäftigungsgarantie für rund 130.000 Mitarbeiter und lehnt Lohnkürzungen ab.
IG-Metall-Chefin: Stinksauer über das Agieren des Vorstandes
Die IG-Metall-Vorsitzende Christiane Benner sagte bei der Kundegebung, dass sie „stinksauer und fassungslos über das Agieren“ des Vorstandes sei. Stattdessen würden sie Kahlschlag und Stellenabbau anbieten anstatt intelligenter Lösungen. Sie betonte, dass die Schuld an der Krise nicht den Mitarbeitern, sondern vielen falschen Entscheidungen des Managements zuzurechnen sei. Und diese Probleme könnten nicht mit Werkschließungen, Kündigungen und Lohnkürzungen gelöst werden.Die Mitarbeiter des Stammwerks, die am Vormittag in den Warnstreik getreten waren, quittierten Benners Aussagen mit tobendem Applaus und Jubel und die Sparpläne des Konzerns mit lauten Pfeifkonzerten Rufen in Richtung des Vorstandshochhauses. Sie riefen im Sprechchor: „Streikbereit! Bundesweit!“Der zweite flächendeckende Warnstreik an neun Standorten
Begleitet wurde der Protest vom zweiten flächendeckenden Warnstreik an neun der zehn deutschen VW-Standorte. Neben Wolfsburg waren auch die Werke in Zwickau, Hannover, Emden, Kassel-Baunatal, Braunschweig, Salzgitter und Chemnitz sowie die „Gläserne Manufaktur“ in Dresden betroffen. Im Gegensatz zum ersten Ausstand am vergangenen Montag sollte die Arbeit in jeder Schicht nicht nur für zwei Stunden ruhen, sondern für vier Stunden. In Wolfsburg beteiligten sich bis zum frühen Nachmittag 38.000 Beschäftigte an dem Ausstand. Zusammen zählten an allen neun Standorten bis zum Nachmittag 68.000 Teilnehmer.IG-Metalls Sparvorschlag
Die IG Metall hatte angeboten, eine mögliche Lohnerhöhung vorerst nicht auszuzahlen, sondern in einen Zukunftsfonds einzubringen. Dem Konzern stellte sie dabei eine Kostenentlastung von 1,5 Milliarden Euro in Aussicht. Im Gegenzug sollte VW auf Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen verzichten. Die Arbeitnehmerseite sei mit ihrem eigenen Sparvorschlag „einen Riesenschritt“ auf die Arbeitgeber zugegangen, erklärte IG-Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger. „Das Unternehmen muss sich jetzt auf die IG Metall zubewegen.“VWs Sparwillen und weitere Potenziale
VW-Verhandlungsführer Arne Meiswinkel bekräftigte zum Auftakt der vierten Tarifrunde den Sparwillen des Konzerns. „Wir brauchen weiterhin Kostenentlastungen, die kurzfristig umsetzbar und nachhaltig sind.“ Das von der Gewerkschaft im November vorgelegte Konzept reiche hier „noch nicht“ aus. „Deshalb müssen wir heute weitere Potenziale finden.“ Die Ablehnung des Konzepts fiel damit weniger schroff aus als zuvor. Bisher hatte VW erklärt, das IG-Metall-Angebot reiche „bei Weitem“ nicht aus und bringe überwiegend keine nachhaltige Entlastung.Einigung noch vor Weihnachten?
Beide Seiten hatten im Vorfeld mehrfach erklärt, sich am liebsten vor Weihnachten einigen zu wollen. Sollte es nun zu einer Annäherung kommen, so sei dies weiter möglich, sagte Gröger. Die IG Metall sei dann auch zu weiteren Verhandlungen in dieser und der nächsten Woche bereit. Andernfalls drohte er bereits mit einer Ausweitung des Arbeitskampfs. „Dann gibt es 2025 auf den Sparhammer als Antwort nur eines: den Streikhammer!“ Am vergangenen Montag waren laut IG Metall bereits fast 100.000 Mitarbeiter für zwei Stunden in den Warnstreik getreten. Die gleichen neun Standorte waren betroffen, an denen auch jetzt zum Ausstand aufgerufen wurde. Nur das um seine Zukunft bangende Werk in Osnabrück fällt nicht unter den Haustarifvertrag.