Volksbanken und Raiffeisenbanken: Herausforderungen und Chancen in einer sich wandelnden Branche
Seit sechs Jahren steht Marija Kolak, 54, an der Spitze des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR). In dieser Zeit hat sie den Dachverband durch einige turbulente Zeiten geführt, in denen es heikle Themen wie den Wertverlust eines Immobilienfonds und die Stützung mehrerer Volksbanken zu bewältigen galt. Im Interview spricht sie über die aktuellen Herausforderungen und Zukunftspläne der genossenschaftlichen Finanzgruppe.Stabilität und Innovation - der Schlüssel zum Erfolg in der Bankenwelt
Herausforderungen meistern und neue Wege gehen
Die Volksbanken und Raiffeisenbanken stehen vor einer Reihe von Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Der Wettbewerb in der Branche ist hart, die Regulierungsanforderungen nehmen stetig zu und die Digitalisierung erfordert erhebliche Investitionen. Gleichzeitig müssen die Banken ihre traditionellen Stärken wie Kundennähe und regionale Verankerung bewahren. Marija Kolak sieht in dieser Situation auch große Chancen: "Wir müssen uns als innovative, zukunftsorientierte Finanzpartner positionieren, die ihren Kunden maßgeschneiderte Lösungen anbieten. Nur so können wir uns von der Konkurrenz abheben und unsere Marktposition stärken."Ein wichtiger Schritt ist die Weiterentwicklung der Vertriebskanäle. "Die Filiale bleibt zwar das Herzstück unseres Geschäftsmodells, aber wir müssen unsere digitalen Angebote deutlich ausbauen. Unsere Kunden erwarten heutzutage eine nahtlose Omnichannel-Erfahrung." Dafür investieren die Volksbanken und Raiffeisenbanken massiv in die Modernisierung ihrer IT-Infrastruktur und die Entwicklung innovativer Produkte und Services.Zusammenhalt und Solidarität im Verbund
Ein entscheidender Erfolgsfaktor ist der starke Zusammenhalt innerhalb der genossenschaftlichen Finanzgruppe. "Unsere Banken verstehen sich als Teil einer großen Gemeinschaft, in der Solidarität und gegenseitige Unterstützung groß geschrieben werden", betont Kolak. So konnten in der Vergangenheit Schieflagen einzelner Institute durch den Verbund aufgefangen werden. "Dieses Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe ist ein zentraler Wert unseres Geschäftsmodells und hat sich in Krisenzeiten immer wieder bewährt."Gleichzeitig sieht Kolak die Notwendigkeit, den Verbund weiter zu stärken und effizienter aufzustellen. "Wir müssen unsere Strukturen und Prozesse kontinuierlich optimieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Dazu gehört auch, dass wir Synergien konsequent heben und Doppelstrukturen abbauen." Dabei gehe es nicht darum, die Eigenständigkeit der Mitgliedsbanken infrage zu stellen, sondern vielmehr darum, den Zusammenhalt und die Schlagkraft des Gesamtverbunds zu erhöhen.Nachhaltigkeit als Chance
Ein weiteres wichtiges Thema ist die Nachhaltigkeit. "Unsere Kunden erwarten zu Recht, dass wir uns als verantwortungsbewusste Finanzinstitute für den Klimaschutz und andere gesellschaftliche Anliegen einsetzen", so Kolak. Die Volksbanken und Raiffeisenbanken haben daher ihre Nachhaltigkeitsstrategie deutlich geschärft und bieten ihren Kunden ein breites Spektrum an grünen Finanzprodukten an. "Wir sehen Nachhaltigkeit nicht als lästige Pflicht, sondern als große Chance, uns als zukunftsorientierte und vertrauenswürdige Partner zu positionieren."Darüber hinaus engagieren sich die Genossenschaftsbanken stark in ihren Regionen, unterstützen lokale Vereine und Initiativen und fördern den gesellschaftlichen Zusammenhalt. "Unsere regionale Verwurzelung ist ein entscheidender Wettbewerbsvorsprung, den wir weiter ausbauen wollen", betont Kolak.Talente gewinnen und binden
Um all diese Herausforderungen zu meistern, braucht es motivierte und qualifizierte Mitarbeiter. "Der Wettbewerb um die besten Köpfe ist hart. Deshalb müssen wir attraktive Arbeitgeber sein, die ihren Mitarbeitern hervorragende Entwicklungsmöglichkeiten bieten", erklärt Kolak. Dazu gehören neben wettbewerbsfähigen Gehältern und Sozialleistungen auch eine moderne Unternehmenskultur, die Kreativität und Eigeninitiative fördert.Gleichzeitig setzt der BVR-Vorstand auf gezielte Nachwuchsförderung. "Wir investieren stark in die Ausbildung und Weiterqualifizierung unserer Mitarbeiter, um den Bedarf an qualifizierten Fachkräften zu decken. Nur so können wir unsere Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit langfristig sichern."