Die baden-württembergische Landesregierung plant umfassende Änderungen im Bereich der Pflegeheime, die weitreichende Auswirkungen auf die Qualitätssicherung und Mitwirkungsrechte der Bewohner haben. Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) hat den Sozialverbänden bereits erste Vorschläge vorgestellt. Diese beinhalten eine Reduzierung der Kontrollen und das Abschaffen von Heimbeiräten. Ziel ist es, bürokratische Hürden abzubauen und die Arbeitsbelastung zu entlasten. Allerdings sehen Kritiker in diesen Plänen einen Rückgang der Rechte und des Schutzes für pflegebedürftige Menschen.
Die geplanten Reformen sollen die Häufigkeit der Qualitätskontrollen deutlich reduzieren. Stattdessen sollen zukünftig nur noch Stichproben überprüft werden, was bedeutet, dass Einrichtungen im Durchschnitt alle fünf Jahre kontrolliert würden. Zusätzlich sollen ambulante Pflegewohngemeinschaften nicht mehr von der Heimaufsicht überwacht werden. Dies soll eine Entbürokratisierung bewirken und die Arbeitsbelastung der Aufsichtsbehörden sowie der Betreiber lindern.
Die Reduzierung der Prüfungen soll jedoch durch verstärkte Beratung kompensiert werden. Das Ministerium betont, dass die Aufsichtsbehörden und die Heimbetreiber enger zusammenarbeiten sollen, um Probleme einvernehmlich zu lösen. Diese vertrauensvolle Kooperation soll dazu dienen, Beschwerden schneller weiterzuleiten und Lösungen zu finden. Dennoch zeigen sich einige Verbände skeptisch, da sie befürchten, dass dies lediglich zu Versprechen ohne bindende Verpflichtungen führen könnte. Die Sanktionen sind in der Praxis selten, sodass der Effekt dieser Maßnahme fragwürdig bleibt.
Die geplanten Änderungen stoßen auf heftigen Widerstand seitens verschiedener Organisationen. Der Landesseniorenrat warnt vor einem „sozialpolitischen Dammbruch“ und kritisiert die Abschaffung grundlegender Schutzregeln. Auch der Pflegeschutzbund BIVA und der SPD-Pflegeexperte Florian Wahl äußern Bedenken, da die Rechte der pflegebedürftigen Menschen gefährdet seien. Besonders auffällig ist die Besorgnis über die Abschaffung der Heimbeiräte, die als wichtiger Ansprechpartner und Sprachrohr für ältere Menschen gelten.
Trotz der Kritik findet Minister Lucha Unterstützung bei der Evangelischen Heimstiftung. Hauptgeschäftsführer Bernhard Schneider lobt die Initiative, da er die Pflegeeinrichtungen als Opfer übermäßiger Bürokratie sieht. Er betont, dass jede Einrichtung ein hohes Interesse an bestmöglicher Pflege habe und daher keine Verstärkung der Kontrolle notwendig sei. Zudem werde die ambulante Pflege weiterhin durch den Medizinischen Dienst kontrolliert. Diese Unterstützung unterstreicht die Komplexität der Diskussion und zeigt, dass verschiedene Akteure unterschiedliche Perspektiven vertreten.