Die Einführung des elektronischen Rezepts (E-Rezept) in Deutschland ist ein wichtiger Schritt in Richtung Digitalisierung. Innerhalb Deutschlands funktioniert die Nutzung zunehmend reibungslos, aber im grenzüberschreitenden Kontext zeigt sich eine Reihe von Hürden. Besonders in Grenzregionen ist die Frage, wie und ob E-Rezepte aus anderen Ländern in deutschen Apotheken eingelöst werden können. Trotz rechtlicher Klarheit bleibt die technische Umsetzung komplex.
Die deutsche Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) stellt sicher, dass schweizerische Rezepte denen aus EU- und EWR-Ländern gleichgestellt werden, sofern sie die notwendigen Angaben enthalten. Einschränkungen gibt es lediglich bei Betäubungsmittel- und T-Rezepten.
Dennoch fehlt es technisch an der notwendigen Interoperabilität zwischen den verschiedenen digitalen Gesundheitssystemen. Deutschland setzt auf die Telematikinfrastruktur, während Länder wie Frankreich, die Niederlande oder Polen mit eigenen Systemen arbeiten.
Innerhalb der Europäischen Union (EU) und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) regelt eine EU-Richtlinie, dass ärztliche Verschreibungen in allen Mitgliedsstaaten gültig sind. Jedoch müssen die Verschreibungen alle vorgeschriebenen Angaben enthalten, um gültig zu sein.
Die Schweiz ist durch eine nationale Sonderregelung eingebunden und schweizerische Rezepte werden gleichgestellt, wenn sie die notwendigen Angaben enthalten. Dies zeigt die Bedeutung der Interoperabilität und der Einhaltung von Regeln.
Die EU hat den Aufbau eines Europäischen Gesundheitsdatenraums (EHDS) angestoßen, um einen sicheren und interoperablen digitalen Raum zu schaffen. In diesem Raum können Gesundheitsdaten – darunter auch E-Rezepte – grenzüberschreitend ausgetauscht werden.
Die Plattform „MyHealth@EU“ ermöglicht Patientinnen und Patienten, ihre Gesundheitsdaten im gesamten EU-Raum abrufen und nutzen zu können. Bereits 14 EU-Mitgliedstaaten sind an diesem Projekt beteiligt.
Der EHDS hat das Potenzial, eine der bedeutendsten Innovationen im europäischen Gesundheitswesen zu werden. Er bietet die Möglichkeit, die Versorgung erheblich zu verbessern und Patientinnen und Patienten mehr Flexibilität zu geben.
Obwohl erste Schritte getan sind, bleibt die vollständige Integration Deutschlands in das EHDS ein längerfristiges Projekt. Die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA) und die gematik arbeiten gemeinsam daran, die Voraussetzungen für die Anbindung deutscher Apotheken zu schaffen.
Pilotprojekte und Tests laufen bis 2025, und die flächendeckende Umsetzung wird nicht vor Ende desselben Jahres erwartet. Dies zeigt die Komplexität und die Zeit, die für die Integration benötigt wird.
Bis die vollständige Integration erreicht ist, setzt die EU auf Übergangslösungen. Ärztinnen und Ärzte werden dazu angehalten, zusätzlich zur elektronischen Verordnung einen Papierausdruck des Rezepts auszustellen, um die Einlösung im Ausland zu erleichtern.
Apothekenbetreiber müssen sich auf hybride Prozesse einstellen, die analoge und digitale Elemente kombinieren. Die Schulung des Apothekenpersonals spielt hierbei eine zentrale Rolle, um rechtliche und technische Anforderungen zu erfüllen.
Apotheken befinden sich an der Schnittstelle zwischen Patientenbedürfnissen, ärztlichen Verordnungen und der Bürokratie. Die fehlende Interoperabilität zwingt sie dazu, kreative Lösungen zu finden, um die Versorgung sicherzustellen.
Die Empfehlung der EU, weiterhin auf Papierausdrucke zu setzen, trägt eher zur Frustration bei. Apotheken müssen sich bemühen, die neuen Systeme zu nutzen und die Lücken im System auszugleichen.
Der Fortschritt bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens wird von vielen als zu langsam empfunden. Die Verzögerungen beim E-Rezept und die mangelnde Interoperabilität der Systeme zeigen die Herausforderungen.
Der EHDS hat das Potenzial, eine der bedeutendsten Innovationen zu sein, aber sein Erfolg hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie politischem Willen, finanziellen Investitionen und der Kooperationsbereitschaft.
Politisch lässt sich Kritik nicht vermeiden. Die EU verfolgt ein ehrgeiziges Ziel mit dem EHDS, aber die Umsetzung ist durch bürokratische Hürden und nationale Eigeninteressen gebremst.
Deutschland kommt hier nur schleppend voran und andere Länder schreiten schneller und effizienter voran. Dies behindert den Fortschritt und gefährdet das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in digitale Projekte.
Trotz aller Herausforderungen bietet der EHDS eine immense Chance. Der grenzüberschreitende Austausch von Gesundheitsdaten könnte die Versorgung erheblich verbessern.
Apothekenbetreiber müssen in die Lage versetzt werden, die neuen Systeme zu nutzen. Dazu gehört die Bereitstellung technischer Infrastruktur und die Schulung des Apothekenpersonals.
Die kommenden Jahre werden entscheidend für die Erfüllung des digitalen Balanceakts zwischen Vision und Realität sein. Die Politik muss sicherstellen, dass die Vision zum Leben erweckt und die bürokratischen Hürden beseitigt werden.
Apothekenbetreiber müssen sich auf eine ungewisse digitale Zukunft vorbereiten und die Lücken im System ausgleichen. Die Zukunft des Gesundheitswesens in Europa hängt von ihren Anstrengungen ab.