Arzneimittel: Wo es in den Apotheken knapp wird

Oct 8, 2024 at 3:31 PM

Apotheken am Limit: Wie Lauterbachs Reformen die Versorgung gefährden

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat sich zum Ziel gesetzt, die Arzneimittelversorgung in Deutschland zu stärken. Doch aus Sicht der Apotheker und vieler Patienten hat er genau das Gegenteil erreicht. Der Deutsche Apothekertag in München zog eine vernichtende Bilanz zur Arbeit der Ampelkoalition: Die Versorgung werde immer dünner, geprägt von einer Schließungswelle bei den Apotheken und Lieferengpässen bei Medikamenten.

Apotheken am Rande des Ruins: Wie Lauterbachs Reformen die Branche bedrohen

Apothekensterben und sinkende Betriebsergebnisse

Seit Lauterbachs Amtsantritt haben fast 1.200 von ehemals 18.500 Apotheken in Deutschland schließen müssen. Die Zahl der Neugründungen sinkt ebenfalls, sodass die Apothekendichte inzwischen unter dem EU-Durchschnitt liegt. Gleichzeitig ist das durchschnittliche Betriebsergebnis 2023 nominal um 7,5 Prozent auf 148.000 Euro gefallen, während die Personalkosten um denselben Prozentsatz gestiegen sind. Die Pharmazeuten sehen in Lauterbachs Plänen keine Verbesserung, im Gegenteil: Vier von fünf Befragten erwarten eine schlechtere Branchenentwicklung, so viele wie nie zuvor.

Qualität und Leistungen der Apotheken gefährdet

Die Apotheken-Präsidentin Gabriele Overwiening warnt, dass Lauterbachs Reformen Qualität und Leistungen der Apotheken verschlechtern würden. "Die Apotheken müssen echte Apotheken bleiben, keine Scheinapotheken", betont sie. Die Pharmazeuten befürchten, dass ihre Rolle als kompetente Ansprechpartner für Patienten und wichtige Akteure im Gesundheitssystem untergraben wird.

Lieferengpässe trotz Gesetzesänderungen

Auch das Lieferengpassgesetz habe die Versorgung nicht verbessert, so Overwiening. Die Liste der Bundesbehörde BfArM umfasst weiterhin 500 rezeptpflichtige Präparate, darunter lebenswichtige Medikamente wie Antibiotika, Insuline und Schmerzmittel. 2023 gingen rund 1.000 Lieferengpassmeldungen ein - 52 Prozent mehr als 2022 und 167 Prozent mehr als 2021. Overwiening warnt: "Der Winter steht vor der Tür, und je nach Ausmaß der Infektionswelle müssen wir befürchten, dass es eher schlechter als besser wird."

Konzentrierte Märkte als Ursache für Lieferengpässe

Laut ABDA-Vizepräsident Mathias Arnold sind die Lieferengpässe das Resultat von hochkonzentrierten Märkten, komplexer Fertigung und der Verlagerung der Produktion in günstigere Länder. Die Herstellung von Arzneimittel-Wirkstoffen sei inzwischen monopolisiert, sodass der Ausfall eines Großherstellers nicht mehr kompensiert werden könne. "Der ökonomische Vorteil, also die Einsparungen im GKV-System, wurde zulasten der Redundanz und Resilienz erkauft", erklärt Arnold. "Wir sind nicht mehr in der Lage, auf Krisen zu reagieren."

Abhängigkeit vom Ausland als Risiko

Apotheker Bernd Adam aus Nordhessen sieht die starke Abhängigkeit vom Ausland als Hauptproblem. Aufgrund von Dumpingpreisen könne man in Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig produzieren. Er plädiert dafür, zumindest essenzielle Wirkstoffe wieder im Inland herzustellen, um die Versorgungssicherheit zu erhöhen.

Dramatische Engpässe bei Medikamenten

Die Apotheker berichten von dramatischen Engpässen bei vielen Medikamenten. Kinder-Schmerzsäfte, Asthmasprays und Präparate gegen Lungenentzündungen fehlen ebenso wie einfache Dinge wie sterile Kochsalzlösung. Letztere ist für die Verabreichung von Krebsmedikamenten unverzichtbar. Die Apotheken können nur versuchen, sich mit häufig nachgefragten Produkten bei verschiedenen Großhändlern einzudecken. Aber auch das ist oft schwierig, da die Lieferzeiten aus dem Ausland lang sind und die Preise deutlich höher.