Böhmische Knödel und Liwanzen: Was von der Heimat geblieben ist
Jun 13, 2024 at 1:34 PM
Kulinarische Erinnerungen: Wie vertriebene Familien ihre Heimat durch Kochen bewahren
Keywords:Vertriebene FamilienBöhmische KücheKulinarisches ErbeEgerländer RezepteTraditionelle GerichteGliederung:- Liwanzen: Ein Stück Heimat in der Pfanne- Böhmische Knödel und Rouladen: Wie sich Geschmäcker anpassen- Schwammerlsoße: Rezepte als Brücke zur Vergangenheit- Das Egerländer Kochbuch: Bewahrung der kulinarischen Identität- Essen als Verbindung zu den WurzelnHildegard Hiller hütet eine blaue gusseiserne Pfanne mit Holzgriff wie einen Schatz. Dieses Erbstück ihrer Großmutter ist eines der wenigen Dinge, die diese damals, als sie aus ihrer Heimat vertrieben wurde, mitnehmen konnte. Auch knapp 80 Jahre später ist die Pfanne in Gebrauch - allerdings nicht mehr auf dem Holzofen, sondern auf einem Elektroherd. In dieser Pfanne backt Hiller die traditionellen böhmischen Liwanzen, eine Süßspeise, die an ihre Kindheit erinnert.Essen als Brücke zur Vergangenheit
Liwanzen: Ein Stück Heimat in der Pfanne
Hildegard Hiller erinnert sich noch genau an die Morgen ihrer Kindheit, als ihr Großvater zu Besuch kam und von seiner Heimat erzählte, während ihre Mutter am Herd die Liwanzen zubereitete. Der Duft von Zimt und Zucker erfüllte dann die ganze Küche. Dieser Geruch weckt bei Hiller bis heute Erinnerungen an ihre Wurzeln in Böhmen. Auch heute noch backt sie die traditionellen Liwanzen in der blauen Pfanne ihrer Großmutter. Mit Sorgfalt füllt sie den dickflüssigen Hefeteig in die vier Vertiefungen der sogenannten Liwanzenpfanne. Für Hiller sind diese Liwanzen mehr als nur ein Dessert - sie sind ein Stück ihrer Familiengeschichte, das sie an die Vertreibung ihrer Großeltern erinnert und gleichzeitig mit ihrer Kindheit verbindet.Böhmische Knödel und Rouladen: Wie sich Geschmäcker anpassen
Nicht nur die Liwanzen, auch andere böhmische Gerichte wie Knödel und Rouladen haben in Hillers Familie Tradition. Ihr Ehemann Johann, der selbst aus der Oberpfalz stammt, musste sich anfangs an die ungewohnten Geschmäcker gewöhnen. Doch inzwischen zählen diese Speisen zu seinen Lieblingsgerichten. Auch die Kinder und Enkel der Familie freuen sich, wenn Hildegard Hiller böhmische Klassiker in ihrer Küche zaubert. Dabei lässt sich die 73-Jährige mittlerweile auch von einem neuen Kochbuch inspirieren: "Wahre Schätze aus der Egerländer Küche" enthält traditionelle Rezepte und Verse, die an die Vertreibung der Autoren erinnern.Schwammerlsoße: Rezepte als Brücke zur Vergangenheit
Neben den Liwanzen und Knödeln gehört auch die Schwammerlsoße zu den Gerichten, die in Hillers Familie fest verankert sind. Das Rezept für die cremige Pilzsoße wurde von ihrer Mutter Maria an sie weitergegeben. Für Hiller ist dieses Gericht mehr als nur ein leckeres Essen - es ist eine Verbindung zu ihrer Vergangenheit. Jedes Mal, wenn sie die Soße zubereitet, erinnert sie sich an die Geschichten ihrer Großeltern und an ihre Kindheit in Böhmen. Die Zubereitung der Schwammerlsoße ist für sie ein Ritual, das sie an ihre Wurzeln bindet und ihr Gefühl der Zugehörigkeit stärkt.Das Egerländer Kochbuch: Bewahrung der kulinarischen Identität
Auch andere vertriebene Familien wie die von Erna und Heinz Lorenz haben ihre kulinarische Identität bewahrt, indem sie Rezepte und Verse aus ihrer Heimat sammelten und in einem Kochbuch veröffentlichten. "Wahre Schätze aus der Egerländer Küche" beleuchtet nicht nur die traditionellen Gerichte, sondern auch die Kultur und Geschichte der Region. Für Verleger Jürgen Tschirner und seine tschechische Frau Katerina Tschirner-Kosova ist dieses Buch mehr als nur ein Kochbuch - es ist ein Weg, das Leid der Vertriebenen zu thematisieren und gleichzeitig ihre schöne Seite zu zeigen.Essen als Verbindung zu den Wurzeln
Für Hildegard Hiller ist es wichtig, ihre Wurzeln an die nächste Generation weiterzugeben. Und das gelingt ihr am besten durch das Kochen und Backen traditioneller böhmischer Gerichte. Sie hofft, dass ihre Töchter und Enkel eines Tages in der blauen Pfanne ihrer Großmutter Liwanzen backen und dabei an ihre Herkunft denken. Denn für Hiller ist das Essen mehr als nur Nahrungsaufnahme - es ist eine Brücke zu ihrer Vergangenheit und ein Weg, ihre kulturelle Identität zu bewahren.